»Queda prohibida la entrada de mujeres a la cocina«, steht an der Tür: »Frauen ist der Zutritt zur Küche verboten.« Nach alter baskischer Tradition hätte ich das also gar nicht erleben dürfen: den Besuch in einem Txoko, einem der traditionellen Männerkochclubs im Baskenland. Glücklicherweise gibt es aber auch in Spanien keine Regel ohne Ausnahme…
Erfunden haben die baskischen Männer ihre Kochclubs schon um 1850. Angeblich deshalb, weil die Frauen zu Hause das Regiment führten und die Herren – zur Zeit der Industrialisierung meist Hafen- und Werftarbeiter – nach der Arbeit einen Platz zum Trinken und Palavern suchten. Txoko heißt auf Baskisch ganz einfach »Ecke, Winkel, Hafen«. In ihren ureigenen Winkeln kamen die Männer also zusammen und irgendwann fingen sie bei diesen Gelegenheiten auch an zu kochen. So entstanden die Txokos: gastronomische Bruderschaften, die sich dem Erhalt der baskischen Küche verschrieben haben. Um die 300 Txokos gibt es bis heute allein in der baskischen Provinz Guipúzcoa, die meisten in San Sebastián. Frauen haben in den meisten Clubs bis heute nur zu besonderen Gelegenheiten Zutritt – und auch dann nur zum Essen, etwa bei Patronatsfesten oder anderen Feiern. Oder wenn sie eben ausländische Gäste und ganz besonders wissbegierig sind…
Kulinarische Clubs mit Warteliste
Ein Bekannter nahm mich und ein paar Kollegen also eines Tages mit in seinen Txoko. Der Verein nennt sich Artzak Ortzeok, hat knapp 180 Mitglieder im Alter zwischen 30 und über 80 – und eine lange Warteliste. Handwerker und Hochschullehrer, Bankiers und Beamte kommen hier zusammen, und wie üblich hat auch dieser Txoko ein eigenes Vereinslokal mit komplett eingerichteter Küche. Wer hier werkeln möchte, trägt sich in eine Liste ein und kann dann mit Freunden kochen und schlemmen.
Die Herren am Herd empfangen uns wirklich freundlich, und schnell haben wir alle irgendwas zu tun: Zwiebeln schneiden, Tomaten häuten, Petersilie hacken. »Gekocht wird bei uns mal einfach, mal richtig exklusiv – aber immer mit traditionellen baskischen Zutaten«, erklärt Iñaki, ein Campingplatzbesitzer mit graumeliertem Bart und blauer Schürze. Sogar moderne Kreationen probieren die Männer aus – solange die Ingredienzen aus der Region kommen. Und das sind vor allem fangfrischer Fisch und hervorragende Meeresfrüchte, köstliches Gemüse und besonders feine Hülsenfrüchte.
Baskischer Klassiker: Seehecht in grüner Sauce
Mit ausladender Geste lässt einer der Herren Sidra in die Gläser schäumen, den perlenden nordspanischen Apfelwein. Dazu gibt’s als Tapas frisch ausgebackene Calamares, eingelegte Anchovis mit Oliven und baskische Knoblauchwurst. Als nächstes kommt eine kräftig gewürzte Fischsuppe auf den Tisch, und als Hauptgericht kredenzt uns Iñaki einen Klassiker der baskischen Küche: Seehechtfilet in grüner Sauce. Ganz schlicht mit Knoblauch, Weißwein und viel frischer Petersilie, aaaaaber lecker!
Später am Nachmittag trudeln immer mehr Txoko-Mitglieder ein, um die Gäste aus Deutschland kennen zu lernen und die Ergebnisse unserer kulinarischen Versuche in Augenschein zu nehmen. Aber ehrlich gesagt: Wir waren ja nur Handlanger – also schmeckt’s so wie es die Herren gewohnt sind.
Schnell kommen wir ins Gespräch über Spanien und Deutschland und die Welt, vor allem aber übers Essen und Trinken im Baskenland. Normalerweise, so erzählt Iñaki, spielen die Männer nach dem Essen gern noch eine Runde Karten. Heute aber – mit dem Besuch aus Deutschland – ist ein besonderer Tag. Zu Ehren der Gäste stimmen die Männer ein altes spanisches Volkslied an: »El vino hará olvidar las penas del amor« –Der Wein wird die Schmerzen der Liebe vergessen machen… Opernreif, was die Männer da abliefern!