Die Spanier haben so ihre nationalen Gewissensfragen: Real Madrid oder FC Barcelona? Chorizo oder Salchichón? Und als Spanien-Liebhaberin mache ich mir da natürlich auch meine Gedanken. Zum Fußball sage ich jetzt mal nichts, aber ich will mich als Chorizo-Fan outen. Und ich verrate Ihnen, wie es kommt, dass die spanische Nationalwurst dieses edle feinsäuerliche Aroma hat.
Dass Chorizo recht würzig schmeckt, lässt die paprikarote Farbe ja durchaus vermuten. Aber die säuerliche Note – fast so, als sei sie mit Zitrone gewürzt – verwundert dann doch ein wenig. Und sie bezaubert den Gaumen. Nichts gegen die bleiche salami-artige Konkurrenz, doch mit der Farbe und den vielen subtilen Geschmacksnuancen eines guten Chorizo kann der Salchichón einfach nicht mithalten. So wie Los Blancos aus Madrid gegenüber Barça eben ein bisschen langweilig wirken (upps, jetzt hab ich mich doch verraten…).
Aber bleiben wir bei der Wurst. Also: Es ist weder Zitrone noch Essig, was dem Chorizo seine charakteristische säuerliche Note verleiht. Auch ein Blick auf die Zutatenliste hilft nicht weiter: Ein klassischer Chorizo besteht zum allergrößten Teil aus Schweinefleisch – je nach Variante mit mehr oder weniger Speck. Dazu kommen Knoblauch, Salz und viel Paprikapulver, manchmal auch noch Kräuter und andere Gewürze. Aber all das erklärt nicht die Säure – und auch nicht die vielschichtigen Aromen.
Luftgetrocknet und paprikawürzig
Das Geheimnis des Chorizo liegt erstens in der Fermentation: Während der vier bis sechs Wochen Lufttrocknung finden im Fleisch verschiedene natürliche Fermentierungsprozesse statt. Ihnen verdankt die Wurst ihren leicht säuerlichen Geschmack und viele der aromatischen Nuancen.
Und dann ist da zweitens noch der pimentón: Das typische spanische Paprikapulver gibt es in verschiedenen Varianten – von süß bis extra scharf – und dementsprechend kann ein Chorizo eher mild oder richtig feurig sein. Wurstmacher, die etwas auf sich halten, benutzen am liebsten den über Eichenholz geräucherten Pimentón de la Vera aus der Extremadura, der dem Chorizo nicht nur Pep und die unverwechselbare rote Farbe verleiht, sondern auch einen ganz markanten Geschmack.
Es gibt Chorizo luftgetrocknet oder leicht geräuchert, als dünne oder dickere, kurze oder lange Würste, als Ringe und auch ganz dick als Chorizo cular. Besonders edel ist natürlich Chorizo vom Ibérico-Schwein oder auch vom Wildschwein.
Tausendsassa in der Küche
Die Spanier kennen für ihre Lieblingswurst Dutzende Zubereitungsarten – ob als Tapa oder in Hauptgerichten. Kalt schmeckt die Wurst ganz schlicht in Scheiben geschnitten mit etwas Weißbrot. Chorizo als warme Tapa kann gebraten, gegrillt oder auch in einer Tortilla mit Kartoffeln, Zwiebeln und Ei verarbeitet werden. Besonders gut schmeckt mir in Sidra oder einem anderen Apfelwein geschmorter Chorizo: Klein geschnittene Zwiebeln in Olivenöl andünsten, dann den Apfelwein und ein Lorbeerblatt dazugeben, etwas einkochen lassen, die Chorizo-Scheiben reinlegen und gar dünsten.
In Spanien gibt’s übrigens auch spezielle Koch-Chorizos, die nicht luftgetrocknet, sondern als Frischwurst vermarktet werden und deshalb auch noch keine Säure haben. Die schmecken genial in deftigen Gemüseeintöpfen und passen auch super zu Grünkohl: Einfach mitkochen.
Ach, und wir sind ja keine Dickschädel wie manche Fußballfanatiker: Wir akzeptieren beide Seiten. Deshalb erfahren Sie hier demnächst auch alles Wissenswerte über Real Madrid – ähm, ’tschuldigung – über Salchichón.