Die Geschmäcker sind verschieden – auch bei spanischem Wein. Egal, ob Sie es fruchtig-frisch oder eher tiefgründig lieben. Ob Sie lieber junge oder im Barriquefass gereifte Weine trinken: So kompliziert ist das alles gar nicht – wenn Sie wissen, was die Begriffe auf dem Etikett bedeuten.
Es ist noch gar nicht so lange her, da musste für die meisten Freunde spanischer Rotweine eines unbedingt auf dem Etikett stehen: Reserva. Am besten Gran Reserva. Besonders beliebt waren die klassischen spanischen Rotweine aus La Rioja oder Ribera del Duero, lange gereift in kleinen Eichenfässern (Barriques), mit tiefen Vanille- und Holztönen.
Ich selbst stehe immer noch sehr auf diese Weine (manche werden jetzt milde lächeln…). Doch die spanische Rotweinwelt ist längst nicht mehr so eindimensional. Auch in den klassischen Weinbauregionen kommen die Winzer dem Trend entgegen und produzieren immer mehr junge fruchtige Rotweine. Also jedem das seine! Die Frage ist nur:
Wie erkenne ich, was in der Flasche ist?
Generell erkennen Sie spanische Qualitätsweine an der Bezeichnung D.O.P. für Denominación de Origen Protegida, also Geschützte Herkunftsbezeichnung. Wie in ganz Europa unterliegen diese Weine einer strengen Qualitätskontrolle. Die Flaschen sind nummeriert, so dass sie sich bis zum Ursprung zurückverfolgen lassen (mehr zum Thema D.O.P. demnächst an dieser Stelle).
Nun aber zu den verschiedenen Qualitätssfufen. Die genau vorgeschriebenen Reifezeiten können von Weinregion zu Weinregion etwas variieren. Hier als Beispiel die Vorgaben für das berühmte Anbaugebiet La Rioja:
- Vino joven (auch vino sin crianza oder vino del año) bezeichnet offiziell einen jungen Wein ohne Fassausbau bzw. mit maximal sechs Monaten im Fass. Solche Weine kommen meist schon nach wenigen Monaten auf den Markt und werden jung getrunken. Viele Hersteller gönnen jedoch auch ihren jovenes ein paar Monate im Holz, um den Geschmack abzurunden.
- Vino de crianza oder kurz Crianza ist ein Wein, der mindestens zwei Jahre gereift sein muss. Rotweine müssen dabei mindestens zwölf Monate im Fass reifen, Rosés und Weißweine jeweils sechs Monate. Der Rest erfolgt auf der Flasche. Crianza-Wein sind mehrere Jahre lagerfähig.
- Reserva darf sich ein Rotwein nennen, wenn er mindestens 36 Monate Reifezeit hinter sich hat, davon zwölf Monate im Barriquefass plus zwei Jahre in der Flasche. Für weiße und Rosé-Reservas ist eine Reifezeit von insgesamt 24 Monaten vorgeschrieben, davon sechs Monate in Eiche. Reservas – vor allem die roten – lassen sich lange lagern.
- Gran Reserva braucht Zeit und Geduld, denn so ein Wein erfordert eine Reifezeit von insgesamt mindestens fünf Jahren: mindestens 24 Monate im Eichenfass plus weitere 36 Monate auf der Flasche. Weiße Gran Reservas sind selten und ganz besonders edel. Für sie braucht es 48 Monate Reifezeit, davon mindestens sechs Monate im Eichenfass. Gran-Reserva-Weine sind geradezu prädestiniert dazu, den Weinkeller lange zu schmücken.
Übrigens sehe ich absolut nicht ein, wieso man aus der Wahl eine Philosophie oder gar eine Charakterfrage machen sollte. Alles zu seiner Zeit, ist meine Devise. Ich trinke sehr gern zu Tapas oder einem leckeren pisto (das ist das spanische Ratatouille) einen leichten fruchtigen Rotwein aus La Mancha. Und nach einem anstrengenden Arbeitstag fläze ich mich in meinen Fernsehsessel mit einer gepflegten Reserva – zum Beispiel aus dem Priorat. Entspannen ist angesagt!