Was auf deutschen Volksfesten die Bratwurst, das ist in Galicien der Pulpo. Es hätte also eine Tragödie werden können, als Anfang Juli die Krakenfischer streikten. Doch alles ist wieder gut. Galicien feiert – und überall gibt es pulpo a la gallega.
Anfang Juli 2013 streikten die Krakenfischer. Ausgerechnet in dem Monat, da in Galicien Hunderte (!) Volksfeste steigen. Die Boote blieben im Hafen und die Fischer verhandelten mit der Regionalregierung um ein neues Gesetz. Sie akzeptierten, dass die Reusen ab sofort etikettiert werden müssen, so dass man sie eindeutig den Booten zuordnen kann. Und sie setzten durch, dass sie ihr Fanggerät länger im Wasser liegen lassen dürfen, als die Regierung das wollte.
Der Oktopusfriede ist also wieder hergestellt und Galicien feiert den Sommer. Wer jetzt durch die Region im äußersten Nordwesten Spaniens reist, hat jedes Wochenende die Qual der Wahl, denn es laufen wirklich immer Dutzende Veranstaltungen parallel.
Eine Internetseite listet für Galicien 2013 insgesamt 475 Volksfeste auf. Es gibt ein Fest für jeden Dorfheiligen, für lokales Kunsthandwerk und Bräuche und auch für viele lokale und regionale Spezialitäten – von der Auster über die Kartoffel bis zum Orujo, dem beliebten galicischen Tresterschnaps. Allein 30 Feste sind dem Oktopus gewidmet, und nicht nur dort wird das Meeresgetier massenhaft verzehrt. Pulpo a la gallega – also Krake auf galicische Art – darf auf keinem galicischen Fest (galicisch feira) fehlen. Deshalb nennen die Gallegos diese Spezialität auch pulpo a feira.
Achtarmiges Naturwunder – eine harte Nuss für die Wissenschaft
In den Topf kommt dafür der Gemeine Krake, auch Oktopus genannt: ein achtarmiger Tintenfisch. Klar, dass die Galicier am liebsten Pulpo von der eigenen Küste essen – und das ist nicht nur aus regionalpatriotischen Gesichtspunkten sinnvoll: Je frischer, desto zarter ist der Tintenfisch. Billiger, dunkler und weniger zart sind seine Kollegen aus afrikanischen Gefilden. Und wenn Sie bei uns im Lebensmittelhandel mal Oktopus finden, dann am ehesten als Tiefkühlware oder im Glas. Frische Importe nach Deutschland gibt es nämlich kaum.
Spannend finde ich, dass sich die Wissenschaft bisher ausgesprochen schwer tut, Oktopus in Aquakultur zu züchten. Die Forscher – vor allem in Lateinamerika und Asien – arbeiten daran mit Hochdruck, aber noch gibt es Pulpo nur aus dem Meer.
Nichts für zart besaitete Köche
Die Zubereitung von pulpo a la gallega ist sehr einfach, aber sie hat auch etwas Martialisches: Früher haben die Gallegos die Krake zunächst ein paarmal beherzt auf die Tischplatte gehauen, um das Fleisch zart zu machen. Das Ganze geht aber auch sanfter, und so stecken die Spanier heute ihren pulpo ein paar Stunden in die Tiefkühltruhe, bevor sie ihn zubereiten. Auch auf diese Weise wird das Fleisch schön zart. Zu allem Überfluss schneidet man die Tentakel nach dem Kochen auch noch mit der Schere klein – aber da muss man durch.
Der Oktopus wird in Wasser ohne Salz, dafür mit Zwiebel und Lorbeer gegart, in mundgerechte Stücke geschnitten und dann mit grobem Meersalz, mittelscharfem Paprikapulver und gutem Olivenöl gewürzt. Die Gallegos servieren ihn auf dem Holzbrett und langen mit kleinen Holzspießchen zu – so wie wir bei der Currywurst.
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