Roséwein geht ganz einfach, indem man Rot- und Weißwein mischt. Über diesen Witz können Weinkenner natürlich nur milde lächeln. Allerdings: Früher war diese Methode in Spanien tatsächlich weit verbreitet. Heute besticht das Land durch hervorragende Rosados, die ganz seriös und zeitgemäß aus roten Trauben gekeltert werden.
Für mitteleuropäische Weinliebhaber ist klar, was man unter einem Roséwein versteht: einen Wein aus roten Trauben, bei dem der Most nur kurz auf der Maische liegt und dann wie ein Weißwein vergoren wird. Dies führt dazu, dass nur ein kleiner Teil der Farbstoffe aus der Schale in den Wein übergeht. Die meisten roten Traubensorten haben nämlich weißes Fruchtfleisch – die Farbe stammt also einzig und allein aus der Schale. Wenn Sie in Spanien einen echten Roséwein genießen möchten, bestellen Sie also bitte einen vino rosado oder kurz rosado.
Rosado oder clarete? Begriffsverwirrung im Weinglas
In Spanien gibt es aber auch immer noch den Begriff des clarete – und da wird’s etwas komplizierter: Meist versteht man heute unter clarete einen hellen Rotwein (claro = hell). Früher aber nannte man einen Wein so, wenn rote und weiße Trauben zusammen gepresst und vergoren wurden. Häufig kultivierte man sogar Mischweinberge, wo rote und weiße Trauben gemeinsam angebaut und in einen Topf gelesen wurden. In unseren Tagen gibt es den clarete immer noch, vor allem im Anbaugebiet Valdepeñas, aber meistens werden dafür die weißen Trauben getrennt gepresst und der weiße Most dann der Rotweinmaische zugesetzt. Beides vergärt man dann gemeinsam wie einen Rotwein.
In manchen Regionen benutzt man den Begriff clarete aber auch für Roséweine – und der Hammer: Früher wurde unter dieser Bezeichnung sogar oft eine Mischung aus Rot- und Weißweinen verkauft. Diese Methode wollte die EU-Kommission vor einigen Jahren offiziell zulassen, entschied sich dann aber vor allem nach Protesten mitteleuropäischer Produzenten dagegen. In Spanien aber – etwa in ländlichen Gegenden Kastiliens – können Sie bis heute nicht hundertprozentig sicher sein, was ins Glas kommt, wenn Sie einen clarete bestellen. Wagen würde ich’s trotzdem, denn das ist einfach noch ein Stück spanische Weintradition, die durchaus auch interessante Überraschungen bereit hält. Sie müssen’s ja nicht an offizielle Stellen in Brüssel melden…
Spanisches Roséland: Navarra, La Rioja, Katalonien und mehr
Ich persönlich habe ein Faible für die modernen Roséweine aus Navarra mit ihrer leuchtenden Bonbonfarbe und den meist sehr fruchtigen Aromen. In jüngster Zeit lassen die Weinmacher den Most gern mal bis zu 24 Stunden auf der Maische liegen (früher waren es eher unter zwölf Stunden) – daher die tollen, fast fluoreszierenden Farben. Während der Gärung wird der Most in modernen Anlagen gekühlt, so dass sich besonders filigrane Aromen entwickeln.
Auch aus La Rioja, Katalonien, Aragón und Kastilien kommen sehr gute Rosés, und erstaunlicherweise bringen auch einige Winzer im Süden und auf den Kanarischen Inseln gute Roséweine hervor – jeweils aus den regionaltypischen Trauben. Die klassische Rosérebe im Nordosten ist die Garnacha, viele moderne Bodegas keltern ihre Rosés heute aber auch mit Sorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Shiraz (Syrah).
Die meisten spanischen Rosés zeichnen sich durch ausgeprägte Fruchtnoten – allen voran Aromen von Erdbeer, Himbeer, Kirsche – aus. Da kommen durchaus auch mal Kommentare wie „Schmeckt nach Gummibärchen“. Ich selbst mag diese intensiven Fruchtnoten und genieße die Weine als leichte Sommerweine – super zu Fisch und Gemüse, aber durchaus auch zu nicht allzu deftigen Fleischgerichten. Rosados werden prinzipiell jung getrunken und man serviert sie kühl bei einer Temperatur von 8 bis 12 oC.
Tipp: Probieren Sie auch mal einen Rosé aus Navarra oder La Rioja, der einige Zeit im Barrique-Fass verbracht hat. Ein ganz besonderer Genuss!